„Tod und Verwundung sind Begleiter unserer Einsätze – auch in den nächsten Jahren. Und nicht nur in Afghanistan“

10. Juli 2010

Das sind die Worte des Kriegsministers Guttenberg auf der Trauerfeier der gefallenen Soldaten am 24. April 2010:
„Verehrte Trauergemeinde, nach den Gefechten vom 15. April und vom
Karfreitag ist deutlich geworden, was wir vielleicht zu lange nicht
wahrhaben wollten: Tod und Verwundung sind Begleiter unserer Einsätze geworden. Sie werden es auch in den nächsten Jahren sein. Und nicht nur in Afghanistan.“

Und es sind unmissverständliche Worte:
Die bürgerliche Regierung Merkel bekennt sich zur von der Nato beschlossenen verstärkten Kriegsführungspolitik in Afghanistan – wie auch zu weltweiten Kriegseinsätzen. Deutsche Soldaten werden töten und werden getötet.

Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete in ihrer Regierungserklärung am 22. April 2010 im Bundestag die Forderungen nach sofortigem Abzug der deutschen Truppen als unverantwortlich, denn es wäre „ein Trugschluss zu glauben, Deutschland wäre nicht im Visier des internationalen Terrorismus“.

Die bisherigen Rechtfertigungen für den Einsatz deutscher Soldaten fegt sie mit einem Federstrich hinweg: „Es gab manchen Fortschritt, es gab zu viele Rückschritte. Unsere Ziele waren zum Teil zu hoch oder gar falsch.“ Der Schutz von Frauenrechten oder Schulen für Mädchen kann „alleine unseren Einsatz nicht rechtfertigen.“ Ziel sei es auch nicht, „Afghanistan zu einer Demokratie nach westlichem Vorbild zu machen“, ein Ziel, das ohnehin nicht glaubwürdig mit dem von den „westlichen Demokratien“ protegiertem Karsei vertreten wurde. Vielmehr schützen die deutschen Soldaten die Deutschen davor, so Merkel, „dass wir im eigenen Land Opfer von Terroranschlägen werden“. Ganz abgesehen davon, dass mit einer solchen Strategie Anschläge auch in Deutschland geradezu provoziert werden – Merkel findet kein Wort über die furchtbaren Opfer, das Leid und die Verwüstungen, die der Krieg auch mit dem Einsatz deutscher Soldaten über das Volk und das Land in Afghanistan bringt. Und ist es nicht gerade die Ausweitung der Kriegsführung, die erst die Destabilisierung Pakistans, vor der immer gewarnt wird, gefährlich vorangetrieben hat.

Die Folgen eines Rückzugs wären »weit verheerender als die Folgen der Anschläge vom 11. September 2001«, sagte Merkel in ihrer immer wieder durch Zwischenrufe unterbrochenen Rede. Die Kanzlerin rief die Abgeordneten des Bundestags dazu auf, zu dem erst im Februar vom Parlament beschlossenen Mandat zu stehen: »Wir können von unseren Soldaten nicht Tapferkeit erwarten, wenn uns selbst der Mut fehlt, uns zu dem zu bekennen, was wir beschlossen haben.«

Diese Regierung Merkel hält gegen die große Mehrheit des deutschen Volkes fest entschlossen an ihrer verschärften Kriegsführungspolitik in Afghanistan fest: Kein Rückzug der deutschen Truppen.
Dagegen wäre die Mobilisierung der Mehrheit der Bevölkerung, die den Afghanistan-Krieg ablehnt, durch die traditionellen Organisationen der Arbeiterbewegung notwendig, um Schluss zu machen mit dem Sterben in Afghanistan.

Aber das Problem ist die „erneuerte“ SPD-Vorstand unter Sigmar Gabriel, gibt die ihr die notwendige Unterstützung für den weiteren Afghanistan-Einsatz gibt, denn er sei „richtig und notwendig“, wie Gabriel in der Bundestagsdebatte betonte. Es stört ihn nicht, dass die bisherige Rechtfertigung des Einsatzes, dem Aufbau des Landes zu dienen, als Lüge entlarvt wurde. Nein, er warnt die Regierung Merkel lediglich davor, Krieg zu nennen was Krieg ist, denn er muss fürchten, dass das die Unterstützung der SPD- Fraktion ins Wanken bringen würde, die bisher in ihrer großen Mehrheit, so Gabriel, hinter der Mandatsverlängerung stehe und diese weiter unterstützen werde – auch gegen den Willen der Öffentlichkeit (»Politiker müssen mehr sein als ein Echolot öffentlicher Gefühle«).

Der AfA Bundeskongress, die größte Arbeitsgemeinschaft in der SPD, hat noch einmal deutlich gemacht, dass eine Mehrheit der Arbeitnehmerbasis der SPD den „schnellen Abzug der deutschen Soldaten aus Afghanistan“ fordert. Gabriel selbst musste auf
dem Dresdner Parteitag zugestehen, dass die Mehrheit der SPD-Mitglieder
gegen den Afghanistan-Einsatz sind.
„Ich bin überzeugt, dass die Empörung und auch die Wut gegen die Missachtung dieses Mehrheitswillens der Parteibasis durch die SPD-Führung und auch die SPD-Fraktion wächst. Wie können sie es wagen, im Bundestag ständig gegen den demokratischen Willen der Bevölkerung zu stimmen?“, erklärte ein SPD-Genosse in einer Diskussion.

Am 1. Mai trugen GewerkschafterInnen und SozialdemokratInnen wie z.B. in Berlin Transparente mit der Forderung: „Sofortiger Rückzug der deutschen Soldaten aus Afghanistan und aus allen Auslandseinsätzen. Schluss mit jeder Unterstützung der Kriegsführungspolitik der Regierung Merkel durch die SPD-Führung.“

„Wenn Gewerkschaften und auch die SPD die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegen den Afghanistan-Krieg mobilisieren würden, und darin sehe ich ihre Verpflichtung als Organisationen der Arbeiterbewegung, könnte das den sofortigen Abzug der deutschen Soldaten erzwingen – so wie die holländischen und kanadischen Soldaten zurückgezogen werden müssen. Dafür kämpfen wir!“, erklärte einer der Demonstranten, auch Mitglied der SPD.

Aktuelle Beiträge und Hintergrundmaterial zum Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan siehe Website der Initiative GewerkschafterInnen und SozialdemokratInnen sagen NEIN zum Krieg: www.ini-gegen-krieg.de

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Stopp dem Krieg in Afghanistan! Rückzug der deutschen Soldaten sofort!

20. Dezember 2009

In Deutschland hat die schwarz-gelbe Regierung von Angela Merkel ihre Absicht bekräftigt, die aktuell 4.500 deutschen Soldaten in Afghanistan vor Ort zu lassen. Der Bundestag hat am 3.12. der Verlängerung des sogenannten ISAF-Mandats um ein Jahr zugestimmt. Hillary Clinton soll schon Anfang November gegenüber Merkel den Wunsch geäußert haben, dass Deutschland weitere 2.000 bis 2.500 Soldaten schickt. Dann wären 7.000 deutsche Soldaten in Afghanistan im Einsatz.
Eine überwältigende Mehrheit der deutschen Bevölkerung lehnt den Einsatz deutscher Soldaten am Hindukusch ab und fordert ihren Abzug aus Afghanistan.
Die Ablehnung wird noch verstärkt durch die Lügen der Bundesregierungen über die kriegerische Bombardierung der Tanklaster mit den zahlreichen Menschenopfern, die auf Veranlassung eines deutschen Offiziers erfolgte. Der damals verantwortliche Verteidigungsminister Jung sah sich nun zum Rücktritt gezwungen. Eine Veröffentlichung der Wahrheit über dieses Kriegsverbrechen hätte das politische Fortleben von Merkel als Kanzlerin einer neuen Regierung mit Sicherheit torpediert.
Der neue Verteidigungsminister zu Guttenberg und weitere politische Verantwortlichen wagen es, für eine offene deutsche Kriegsführung in die Offensive zu gehen. Sie missachten den demokratischen Mehrheitswillen des deutschen Bevölkerung.
Sie brechen mit dem Schwur des deutschen Volkes nach Weltkrieg und Faschismus:
„Nie wieder Krieg! Nie wieder Einsatz deutscher Soldaten auf fremdem Boden!“

Und sie brechen das Verbot und die Ächtung einer deutschen Kriegsführung durch das Grundgesetz, in dem jener Schwur sich Ausdruck verschaffen konnte.
Die Partei- und Fraktionsführung der SPD handelt mit ihrem Festhalten an dem Kriegseinsatz in Afghanistan und der entsprechenden Unterstützung für die schwarz-gelbe Regierung nicht nur gegen die Mehrheit der Bevölkerung sondern auch gegen die große Mehrheit der SPD-Mitglieder.
Die ArbeitnehmerInnen, die Jugend brauchen eine Wende in der SPD-Politik, ihre Entscheidung für das Nein zum Einsatz deutscher Soldaten im Ausland, auf fremdem Boden, dafür die offene Kriegspolitik der schwarz-gelben Regierung zu stoppen!

Unsere Unterstützung gehört voll und ganz den 11 SPD – Abgeordneten im Bundestag, die gegen die Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes gestimmt haben. Als SozialdemokratInnen und GewerkschafterInnen wenden wir uns an Euch, lasst uns gemeinsam die Kampagne führen:
– für den sofortigen Rückzug aller deut-schen Soldaten aus Afghanistan.
– für den Rücktritt der Regierung Merkel, die den Krieg in Afghanistan unter der Lüge führt, es sei kein Krieg, bis hin zur Vertuschung eines „Kriegsverbrechens“.
Lasst uns den Kampf für die Verpflichtung der SPD aufnehmen, gemeinsam mit den DGB-Gewerkchaften für den Widerstand gegen den Kriegseinsatz in Afghanistan zu mobilisieren.
Engagieren wir uns dafür in der „Initiative GewerkschafterInnen und SozialdemokratInnen sagen Nein zum Krieg“ (siehe Anhang „US Afghanistan 12-2009„).

Michael Altmann


„80 bis 90 % der deutschen Bevölkerung wollen raus aus Afghanistan“ (Sigmar Gabriel)

28. November 2009

Sigmar Gabriel hat in seiner Kandidatenrede auf dem SPD-Bundesparteitag am 13. November 2009 in Dresden nach Aufforderung durch Delegierte erklärt: „So, wie es da in Afghanistan weitergeht, wird das am Ende keinen Erfolg haben“.
Er hat zur Kenntnis genommen, „80 bis 90 % der deutschen Bevölkerung – vielleicht auch der Partei – wollen raus aus Afghanistan; das wissen wir.“ Wird es nach dem Verlust von 10 Millionen Wählerstimmen für die SPD seit 1998 nun eine Wende der SPD in der Politik der Unterstützung des Einsatzes deutscher Truppen im Ausland geben? Wird die SPD im Bundestag nun für den Abzug der deutschen Soldaten aus Afghanistan stimmen?

Nach dem Nein zur Afghanistanpolitik der SPD-Führung – jetzt ein Kurswechsel?

Am 21. November verlautete in verschiedenen Zeitungen: „SPD will Anti-Terror-Einsatz nicht mehr mittragen“ – gemeint war die Ablehnung bei der anstehenden Abstimmung im Bundestag der Operation Enduring Freedom (OEF) durch die SPD-Bundestagsfraktion.
Steinmeier hat vor der Wahl die Parole ausgegeben, „bis 2013 die Bedingungen zu schaffen für den Abzug der Truppen“. Das ist auch die derzeitige Strategie der US-Administration unter Obama, die aber gleichzeitig eine Verstärkung der Kontingente um 44.000 zusätzliche US-Soldaten in Afghanistan (auf 110.000) vorsieht.

Verteidigungsminister Guttenberg seinerseits verlangt als Minister in der schwarz-gelben Regierung, Schluss zu machen mit dem Gerede vom Einsatz mit militärischen Mittel oder bewaffneter Begleitung des Wiederaufbaus in Afghanistan. Er spricht es aus, worum es geht: Es ist Krieg in Afghanistan! Das war bisher ein Problem – nicht nur, weil es verfassungsrechtliche Fragen aufwirft, sondern vor allem weil es gerichtet ist gegen die Erfahrungen des deutschen Volkes, das nach 1945 geschworen hat „Nie wieder Krieg“.
Warum diese Abkehr von der Verschleierung? Der Einsatz ausländischer Truppen in Afghanistan soll verstärkt werden und deutsche Soldaten sollen sich daran beteiligen. So schlägt Guttenberg vor, weitere 120 Soldaten nach Afghanistan zu schicken.
Die Stationierung der Fregatte Augsburg vor dem Horn von Afrika im Rahmen der OEF mit ihren 270 Besatzungsmitgliedern soll aufgegeben und die Soldaten am Horn von Afrika sollen von 800 auf 700 Soldaten reduziert werden. Wenn die SPD-Fraktion die vollständige Aufgabe von OEF verlangt, sollte man wissen, dass im selben Bereich die Fregatten Bremen und Karlsruhe vor den Küsten Somalias im Rahmen des Kampfs gegen Piraterie stationiert sind (1). Gemessen an den 4.500 Soldaten, die die Bundesregierung für den ISAF-Einsatz vorgesehen hat und jetzt verstärken will, ist eine Aufgabe der OEF rein taktischer Natur und eine Umgruppierung der militärischen Kräfte, die keinen prinzipiellen Kurswechsel bedeuten.

Sigmar Gabriel als neuer Parteivorsitzender sagt in seiner Parteitagsrede: „Wir wollen, dass die UN militärische Interventionen beschließt (und nicht die USA oder die Nato). Das ist die Programmatik der SPD. Nun hat die UN allerdings beschlossen, dass in Afghanistan militärisch interveniert werden soll. (…) Dort zu bleiben ist ganz schlimm, rausgehen ist auch ganz schlimm zurzeit.“ Mit diesem Argumente wurde schon bisher die Respektierung des politischen Willens der Mehrheit der Bevölkerung verweigert: Abzug der deutschen Soldaten aus den Auslandseinsatzen. Und Gabriel sagt, das ist auch weiterhin so.

Die schwarz-gelbe Regierung wird Deutschland immer tiefer in den Kriegseinsatz treiben. Dazu schreibt die Financial Times: „Kurz nach seiner Amtseinführung sagte Guttenberg, die Menschen in Deutschland könnten mehr Wahrheit vertragen. Im Klartext heißt dieser Satz aber: Die Bundesregierung (d.h. die Große Koalition) hat in der Vergangenheit beim Thema Afghanistan gelogen, dass sich die Balken biegen. Das bleibt im Prinzip so, wird aber in der Tendenz weniger“.

Es lagen dem SPD-Bundesparteitag in Dresden viele Anträge gegen den Einsatz in Afghanistan vor.
„Die Antragssteller haben dann wegen des ablehnenden Votums der Antragskommission meist nicht mehr gekämpft“, so Beate Sieweke.
Vor allem auch durch das Eingreifen Gabriels bestätigte schließlich der SPD-Parteitag den Steinmeier Plan, dass bis 2013 „die Grundlage für den Abzug der Bundeswehr geschaffen werden muss“. Doch was heißt das anderes, als dass die Partei- und Fraktionsführung der SPD die Begleitung des Kriegskurses Regierung unter Merkel in dieser Legislaturperiode weiter fortsetzen wird? Während in anderen Ländern der Widerstand der Bevölkerung sich darin niederschlägt, dass Regierungen den Rückzug der Soldaten aus Afghanistan beschließen.

Im Bruch mit den Erfahrungen des deutschen Volkes, was sich auch im Grundgesetz Art.26 niederschlägt (2), wird Deutschland immer offener – jetzt über den verstärkten Kriegseinsatz in Afghanistan – in den Krieg gezogen. Am Anfang, und daran sollte erinnert werden, stand die Entscheidung der Bundesregierung unter Schröder für den Kriegseinsatz in Jugoslawien, der Bombardierung Belgrads und der Zivilbevölkerung.
Die Partei- und Fraktionsführung wird durch ihr Festhalten an dem derzeitigen Kurs des Kriegseinsatzes deutscher Soldaten in Afghanistan, zu dem „80 bis 90 % der Bevölkerung und der Partei“ Nein sagen, und der in der Wahl eine immense Absage erteilt bekommen hat, die SPD weiter in den Abgrund führen.

Ein Zurück kann es nur durch eine radikale Ablehnung des Einsatzes deutscher Truppen im Ausland geben, was zu aller erst die Ablehnung der Verlängerung der Auslandseinsätze, die im Dezember 2009 im Bundestag anstehen, verlangt.
Nur wenn die SPD verpflichtet wird, sich an die Spitze des Widerstands gegen die Auslandseinsätze zu stellen, wird sie eine Existenzberechtigung haben und einen großen Teil der Wähler und insbesondere der Jugend wieder zurückgewinnen können.

Michael Altmann ist Sprecher der „Initiative GewerkschafterInnen und SozialdemokratInnen sagen Nein zum Krieg“

(1) Die Operation Atalanta, in deren Rahmen zwei Fregatten der Bundeswehr vor Somalia kreisen, ist eine EU-Operation, die den Lissabon-Vertrag vorweggenommen hat, der eine eigenständige EU-Außenpolitik mit eigenen militärischen Kontingenten vorsieht. Das Mandat für die Bundeswehr umfasst 1 400 Soldaten. Die Besatzungsstärke der beiden Fregatten beläuft sich zusammen auf 650 Matrosen.

(2) „Art. 26 Grundgesetz verbietet die Vorbereitung eines Angriffskriegs:
„Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.“